Pseudogene

 

 

Zyklusvorlesung "Sinnesphysiologie - vom Ionenkanal zum Verhalten"

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Pheromone - soziale Signale
I. Pheromon-gesteuerte Verhaltensweisen
II. Das vomeronasale Organ


Themen:

Pseudogene
 
pseudo.jpg Jedes Gen erleidet Mutationen - bei Zellteilungen, bei Kontakt eines Tieres mit mutagenenen Einflüssen, und spontan mit einer nicht unerheblichen Wahrscheinlichkeit. Manche Mutationen machen das Gen defekt; aus dem so mutierten Gen kann kein Protein mehr entstehen. Zu solchen Mutationen gehören zB das Auftreten von Stoppkodons innnerhalb der kodierenden Sequenz oder Mutationen, die eine Verschiebung des Leserasters bewirken. Wenn solche Mutationen in lebenswichtigen Genen auftreten wird sich kein lebens- oder fortpflanzungsfähiges Tier entwickeln, und das mutierte Gen wird nicht weiter vererbt.
 
Anders ist das bei Genen die keine lebenswichtigen Proteine kodieren. Mutationen in unwichtigen Genen können toleriert und - soweit die Fortpflanzungsfähigkeit nicht beeinträchtigt ist - über viele Generationen vererbt werden. Solche defekte Gene, die stabil im Genom einer Tierart mitverebt werden, nennt man Pseudogene. Aus ihrem Auftreten kann man schließen, daß das Protein, das ursprüngliche von diesem Gen kodiert wurde, keine lebenswichtige Rolle spielte, und daß der Verlust des Proteins die Lebensfunktionen nicht beeinträchtigt.
 
Ein Beispiel für gehäuftes Auftreten von Pseudogenen ist die Famile der Duftstoffrezeptoren. Nagetiere, für die differenzierte Geruchswahrnehmung lebenswichtig ist, verfügen über etwa 1000 intakte Gene für Duftstoffrezeptoren. Im menschlichen Genom sind etwa 70% dieser Gene defekt - sie liegen als funktionslose Pseudogene vor. Man sieht daran, daß bei der Entwicklung des Menschen der Selektiondruck auf die Leistungsfähigkeit des Riechsystems gering war: auch Menschen mit schwachem Geruchssinn haben eine Chance, sich zu vermehren.
 
Beim Pheromonsystem ist die Situation noch drastischer: Über 95 % der Pheromonrezeptoren (V1R, V2R, V3R) sowie das Gen für den Transduktionskanal der VNO-Neuronen (TRPC2) sind im menschlichen Genom Pseudogene. Man muß aus diesem Grund davon ausgehen, daß das menschliche VNO nicht funktionsfähig ist.