Auditorischer Cortex

 

 

Zyklusvorlesung "Sinnesphysiologie - vom Ionenkanal zum Verhalten"

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Hören
I. Schallanalyse im Innenohr
II. Zentrale Verarbeitung akustischer Signale


Themen:

Komplexität der Hörrinde
 
audicol.jpg Die Hörrinde (auditorischer Cortex) zeigt wie der somatosensorische Cortex eine 6-fache Schichtung, und die Fasern der Hörbahn gelangen aus dem Thalamus vor allem in die Schichten III und IV. Im Unterschied zum somatosensorischen Cortex sind die Neurone im auditorischen Cortex aber nach vielen Gesichtspunkten spezialisiert. Die Graphik rechts soll das veranschaulichen.
 
Zunächst erkennt man in dem untersten Quadrat die tonotope Organisation der Schicht IV. Die Neuronen auf der linke Seite (schwarz) reagieren auf tiefe Töne, die weiter rechts (grau-weiß) auf höhere Töne. Unter den Neuronen für tiefe Töne gibt es solche die auf ein relativ breites Band tiefer Frequenzen reagieren. Deren Bereiche sind in dem zweiten Quadrat hellgrau dargestellt. Enger gestimmte Neuronen, die also auf einen engen Frequenzbereich spezialisiert sind, sind dunkelgrau dargestellt.
 
Die darüberliegenden Quadrate geben weitere Spezialisierungen der Schicht-IV-Zellen an: Manche Neuronen haben relativ lange Latenzzeiten (Zeit vom Eintritt des Schall ins Ohr bis zum Feuern des Neurons in der Hörrinde), ein Hinweis, dass das Signal mehrere Schaltstellen im Gehirn durchlaufen muss, bis es in der Hörrinde ankommt.
 
Das Quadrat "Binaurale Wechselwirkungen" zeigt, daß die Neurone der Schicht IV von beiden Ohren versorgt werden. Manche Neuronen werden erregt, wenn ein Ton auf der gleichen Körperseite (ipsilateral) oder im gegenüberliegenden (kontralateralen) Ohr ankommt: EE = ekzitatorisch/ekzitatorisch. Andere Neurone reagieren unterschiedlich auf die beiden Ohren: EI = exzitatorisch auf das ipsilaterale und inhibitorisch auf das kontralaterale Ohr.
 
Schließlich haben die Neurone der Schicht IV noch unterschiedliche Aktivierungsschwellen. Manche reagieren auf sehr leise Töne, andere brauchen höhere Lautstärke.
 
Zusammenfassend kann man sagen, daß die Verarbeitung der akustischen Signale im auditorischen Cortex wesentlich komplexer ist als zB im somatosensorischen Corex. Das Signal erreicht die Pyramidenzellen in den Schichten III und IV mit vielfältiger Information von spezialiserten Neuronenverbänden in Mittelhirn und Thalamus, die nicht nur Frequenz- und Intensitätsinformation sondern auch abgeleitete, komplexe Informationen (zB Richtung der Schallquelle) zum Cortex bringen.
 
Nach: Linden, J.F. + Schreiner, C.E. (2003) Columnar transformations in auditory cortex? A comparison to visual and somatosensory cortices. Cerebral Cortex 13: 83-89