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„In der Medizingeschichte gehören die Opiate zu den wichtigsten Heilmitteln.“ Die hier behandelten Opiate sind Opium, Morphin und Heroin. Opium ist ein Extrakt des Schlafmohns. Schon seit Jahrhunderten kennen die Menschen die Wirkung des Opiums. Es wurden Schriften darüber gefunden, die auf 4000 vor Christus datiert sind. Auch im 2. Jahrhundert befaßte sich der griechische Arzt Galen mit Opium. Er verabreichte es als Schmerzmittel gegen Kopfschmerzen, Koliken und Gallenblasenbeschwerden; aber auch als Beruhigungsmittel bei Asthma und Herzinsuffizienz. Ab dem 16.Jhd. warnten Ärzte vor den Entzugserscheinungen - unerträgliche Schmerzen, Angstzustände und Depressionen -, die das Absetzen der Opiumeinnahme mit sich zog. Diese wurden von der Allgemeinheit ignoriert. Im Laufe des 19.Jhd. kam Opium als Mittel zur Entspannung groß in Mode (z.B. „Pariser Opiumhöhle“) und ebensoviel wurde über "das Glück, diese Extase, die für einen Penny gekauft und in der Westentasche mitgenommen werden konnte“ geschrieben. |
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Abb.1: Strukturformeln von Morphin, Heroin und deren Antagonisten
Quelle: Herz, A.: Gehirn und Nervensystem, in: Spektrum der Wissenschaft, Spektrum Verlag, Heidelberg 1988, Seite 195 |
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Abb.2: Das Nervensystem in Bezug auf Regionen mit hoher Rezeptorendichte
Quelle: Snyder, S.H.(1994): Opiate, in: Chemie der Psyche, Spektrum Verlag, Seite 39 |
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Damit Opiate wirken können, muß an entsprechenden schmerzverarbeitenden Regionen eine große Dichte an Opiatrezeptoren zu finden sein. Der erste diesbezüglich wichtige Bereich ist die Substantia gelatinosa im Rückenmark (Abb.2). Hier wirkt Morphin schmerzlindernd, indem es die Schmerzschwelle erhöht. D.h., dass ein stärkerer Schmerzreiz notwendig ist um einen Schmerz auszulösen. Der Schwerpunkt der analgetischen Aktivität von Opiaten liegt jedoch nicht so sehr auf dem Anheben der Schmerzschwelle, sondern auf der subjektiven Unterbewertung von Schmerzen durch das Gehirn. Eine mit Morphin behandelte Krebspatienten beschrieb: „Es ist komisch. Der Schmerz ist noch da, aber er macht mir nichts mehr aus.“ Die Veränderung der Schmerzwahrnehmung muß also in den Zentren des Gehirns zustande kommen. Im Gehirn spielen für die Opiatwirkung zwei schmerzverarbeitenden Regionen eine wichtige Rolle; der mittlere Thalamus und das periaquaeductale Grau (Abb.2). Beide haben eine besonders hohe Dichte an Opiatrezptoren. Der Thalamus ist die Haupteingangsstation des Gehirns. Er filtert die einlaufende sensorische Information und leitet die wichtigsten Botschaften an die Großhirnrinde weiter. Der mediale Thalamus ist für die starken, qualvollen Schmerzen zuständig, und nur diese werden von Morphin gelindert. Der schnelle, scharf-stechende Schmerz ist durch Morphin nicht zu blockieren. |
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Der Locus coerulus, ein kleines Kerngebiet des Hirnstammes, sendet seine wichtigsten neuronalen Projektionen zum limbischen System. Neuroadrenalin fungiert als Neurotransmitter. Somit ist Locus coerulus an der Regulation des Gemütszustandes beteiligt |
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Die Sucht ist in drei Stufen eingeteilt: Toleranz, körperliche Abhängigkeit und zwanghafte Drogensuche. Die Toleranz ist daran zu erkennen, dass nach wiederholter Verabreichung eines Suchtmittels immer höhere Dosen erforderlich sind, um die anfänglich durch eine viel geringere Dosis ausgelöste Wirkung hervorzurufen. Die Zellen des Gehirns sind weniger empfindlich, als sie es bei ihrem ersten Kontakt mit diesem Pharmakon waren. Körperliche Abhängigkeit zeigt sich bei plötzlichem Absetzen des Opiates durch Entzugserscheinungen. Diese sind von gegenteiligem Charakter zur normalen Opiatwirkung. Beim Beispiel Morphin, das normalerweise Euphorie, Schläfrigkeit und Schmerzlinderung auslöst, führen die Entzugserscheinungen zu Depressionen, Übererregbarkeit und Überempfindlichkeit bei Schmerzreizen. Die zwanghafte Drogensuche drückt sich dadurch aus, dass Patienten nach der Therapie einen Rückfall erleiden. Dieses Phänomen wird nur bei Menschen beobachtet. Die Wissenschaftler haben zwei mögliche Begründungen dafür. Die eine nennt sich das soziale Phänomen. Das bedeutet, dass der Patient nach der Therapie wieder in die alte Umgebung zurückkehrt und wieder Kontakt hat z.B. zum Dealer. Die zweite Begründung ist die physiologische Veränderung, die den Patienten immer süchtig bleiben läßt. Dieses ist vergleichbar mit Alkoholismus. |
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Der Mensch wird nicht mit Morphin im Körper geboren. Warum gibt es dann überhaupt Opiatrezeptoren? Opiatrezeptoren sind natürliche Rezeptoren für körpereigene Neurotransmitter, die Endorphine. Diese wirken als natürliche Analgetica im ZNS und unterdrücken die Wahrnehmung von Schmerzen, z.B. bei der Geburt. Opiate sind „chemische Betrüger“, denn sie haben chemische Ähnlichkeit mit den Endorphinen (Abb.3) und können somit auch an deren Rezeptoren binden. |
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Abb.3: Ein Vergleich der dreidimensionalen Strukturen von Met-Enkephalin (gehört zu Endorphinen) und Morphin.
Pfeile zeigen strukturelle Ähnlichkeiten an. Quelle: Snyder, S.H.(1994): Opiate, in: Chemie der Psyche, Spektrum Verlag, Seite 67 |
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