Ein wichtiger Aspekt der Screening-Technologie ist die Entwicklung geeigneter Testmodelle, mit denen
die Wirkung von Probesubstanzen auf ein Zielprotein mit Screeningverfahren untersucht werden kann. Dazu werden
Zellkulturen genetisch so verändert, daß sie zum einen das Zielprotein exprimieren, zusätzlich
aber so ausgerüstet sind, daß die Aktivierung des Zielproteins experimentell gemessen werden kann. Für
Detektion der Aktivität des Zielproteins werden bevorzugt Fluoreszenz- und Chemiluminiszenzmethoden eingesetzt.
Eine Vielfalt ionenselektiver Fluoreszenzfarbstoffe steht für solche Messungen
zur Verfügung, und die Chemilumineszenz des Luciferin wird für Screening-Versuche mit
Reportergenen verwendet.
Hier wird als Beispiel demonstriert, wie die Suche nach Antagonisten von a- und b-
adrenergen Rezeptoren mit hilfe von Ca2+-empfindlichen Fluoreszenzfarbstofffen durchgeführt wird.
Bioassays für Antagonisten von Adrenalinrezeptoren
LOWRES 50 kbyte
Um aus einer großen Menge von Testsubstanzen diejenigen herauszufinden, die als a-Antagonisten
wirken, wird durch Transfektion eine Zellinie hergestellt, die a-adrenerge Rezeptoren in möglichst
hoher Dichte exprimiert. Bei Aktivierung durch Adrenalin aktivieren diese Rezeptoren das Enzym Phospholipase C (PLC), das aus
der Plasmamembran der Zellen den Botenstoff Inositol-1,4,5-trisphosphat (IP3) freisetzt. IP3
öffnet Ca2+-Kanäle in der Membran des endoplasmatischen Retikulums, dem
wichtigsten intrazellulären Ca2+-Speicher der Zelle, so daß Ca2+ in das Zytoplasma strömt und
die zytoplasmatische Ca2+-Konzentration ansteigt. Um dieses Ca2+-Signal im Screening-Versuch zu detektieren,
werden die Zellen mit einem Ca2+-emfindlichen Fluoreszenzfarbstoff geladen (z.B. fura-2, fluo-3, calcium-green). Der Farbstoff
wird mit geeignetem Licht angeregt (blaue Welle) und emittiert Fluoreszenzlicht (rote Welle), das sich ändert, wenn
der Farbstoff Ca2+ bindet.
Beim Screening-Versuch werden Zellen in vielen Reaktionskammern einer Multiwellplatte mit Adrenalin und mit jeweils
einer Testsubstanz behandelt. Misst man bei den Zellen einer Kammer einen Ca2+-Anstieg, wirkt die Testsubstanz nicht als
a-Antagonist. Bleibt das Ca2+-Signal jedoch aus, hat man einen a-Antagonisten
gefunden.
b-adrenerge Rezeptoren spielen eine zentrale Rolle bei der Regulation von Herzleistung und Blutdruck,
und b-Antagonisten (sogenannten b-Blocker) sind deshalb von großem Interesse
für die pharmazeutische Forschung. b-Rezeptoren koppeln jedoch nicht an PLC sondern aktivieren das Enzym
Adenylatzyklase (AC), das aus ATP den Botenstoff cyclisches Adenosinmonophosphat (cAMP) herstellt. Da es keine cAMP-sensitiven
Fluoreszenzfarbstoffe gibt, muß man sich eines Tricks bedienen und das cAMP-Signal in ein Ca2+-Signal "übersetzen".
Die Zellen werden mit einem Gen transfiziert, das einen Ca2+-leitenden, cAMP-abhängigen Kanal kodiert. Bei Aktivierung der
b-Rezeptoren werden diese Kanäle geöffnet, leiten Ca2+ in die Zelle und lösen
so ein Fluoreszenzsignal aus. Das Ausbleiben dieses Signals weist auf die Wirkung einer Testsubstanz als b-Blocker hin.