Beobachtungen

 

 

Grundvorlesung Tierphysiologie WS 2002/2003

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Sinne 1
Mechano-elektrische Transduktion


Themen:

Erste Beobachtungen
 
Elektrische Reaktion auf mechanische Reize
Haarzellen reagieren auf die Auslenkung ihrer Stereozilien mit einer Veränderung ihres Membranpotentials vom Ruhewert (ca -60 mV). Eine Depolarisation des Potentials fürt zu einer Erhöhung der Spikerate (Anzahl von Aktionspotentialen pro Sekunde), eine Hyperpolarisation zu einer Verminderung der Spikerate.

Die Zellen reagieren mit einer fast unglaublichen Empfindlichkeit: Schon eine Auslenkung von 0.3 nm (3 Angstrom !) führt zu einer Depolarisation von 0.1 mV und zu einer Änderung der Spikerate, die vom Gehirn als Schallsignal erkannt werden kann. Das entspricht einer Auslenkung von 0.003 Grad. Übertragen auf die Höhe des Eiffelturms, entspricht das einer Auslenkung um die Breite eines Daumens. Der normale Arbeitsbereich der Zilien liegt bei Auslenkungen um 50 bis 100 nm.

Vom Ruhezustand aus (Auslenkung = 0) können die Zilien sowohl auf Auslenkungen in Richtung des Kinoziliums, als auch in die Gegenrichtung reagieren. Die Reaktion in Gegenrichtung ist aber auf wenige nm beschränkt.

Russel, I.J. et al. (1992)
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Reaktionsgeschwindigkeit
Eine wichtige Beobachtung bei der Untersuchung von Haarzellen war, daß die elektrische Reaktion auf dem mechanischen Reiz außerordentlich schnell erfolgt.. Zum Vergleich ist hier die typische Reaktionsgeschwindigkeit von Photorezeptoren und Haarzellen dargestellt. Alle Zellen wurden zur Zeit = 0 gereizt.

Stäbchen-Photorezeptoren reagieren auf Belichtung mit einer Verzögerung von 40 ms, und es dauert weitere 150 ms, bis die Reaktion (UnterdrĂĽckung des Dunkelstroms) voll entwickelt ist. Zapfen-Photerezeptoren reagieren etwas schneller. Die Verzögerung der Reaktion liegt daran daß bei der photo-elektrischen Transduktion eine Reihe chemischer Reaktionen ablaufen müssen, deren Kinetik den Zeitverlauf bestimmt.

Bei Haarzellen liegt die Reaktionzeit unter einer ms. Diese enorme Reaktionsgeschwindigkeit ist ein Hinweis auf eine direkte mechano-elektrische Kopplung, die nicht durch chemische Reaktionen vermittelt wird.
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Lokalisation der Transduktionskanäle
Wie funktioniert die elektro-mechanische Kopplung?

Bei Auslenkung der Zilien fließt Strom in die Zilien und depolarisiert die Haarzelle. Durch Messungen der Stromdichte an der Zilienoberfläche fand man heraus, daß dieser Strom in der Nähe der Spitzen in die Zilien einströmt. Man vermutete deshalb, daß sich in den Zilienspitzen mechanisch aktivierte Ionenkanäle (Transduktionskanäle) befinden, die bei Stimulation geöffnet werden und den Rezeptorstrom leiten.
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