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Literatur/Quellen

Signaltransduktion in Vertebratenriechzellen

Die Riechzellen befinden sich im olfaktorischen Epithel und sind primäre, bipolare Sinneszellen. Am apikalen Ende entsenden die Zellkörper jeweils einen Dendriten zur Oberfläche des olfaktorischen Epithels, der sich zum Riechköpfchen verdickt. Aus dem Riechköpfchen ragen zahlreiche feine Sinneshaare (Zilien) in den Riechschleim (Mukus). Die Zilien bilden eine große chemosensorische Oberfläche und enthalten die molekularen Komponenten der chemoelektrischen Signaltransduktion. Die Informationen über Intensität und Zusammensetzung eines Geruchs werden von den Riechzellen in Form elektrischer Signale codiert, die über das Axon am basalen Ende zum Gehirn geleitet werden.

Autor: Katja Witschas


  Die Duftstoffrezeptoren

 

 


Die Spezifität von Riechzellen ist darauf zurückzuführen, dass Rezeptorproteine in der Plasmamembran der Zilien Duftstoffe abhängig von ihren strukturellen Eigenschaften mit variierender Affinität binden. Jede Riechzelle stellt vermutlich nur einen oder wenige Typen von Duftstoffrezeptoren her. Beim Menschen codiert eine aus 500 bis 1000 Genen bestehende Multigenfamilie für Duftstoffrezeptoren.
Die Duftstoffrezeptoren gehören zur Superfamilie der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren. Sieben hydrophobe Domänen durchspannen die Ziliarmembran wahrscheinlich als a-Helices. Aminosäurenreste mit hoher Variabilität sind in Abb. 1 schwarz markiert. Möglicherweise sind diese hypervariablen Regionen an der Bindung von Duftstoffmolekülen beteiligt.

Abb. 1 Aminosäurensequenz und Strukturvorschlag eines Duftstoffrezeptors
aus: K. J. Ressler, S. L. Sullivan, L. B. Buck, A molecular dissection of spatial patterning in the olfactory system, Current Opinion in Neurobiology 4, 588-596 (1994).

 

top Signaltransduktion

 

 


Die hohe Empfindlichkeit einer Riechzelle für spezifische Duftstoffe wird ermöglicht von intrazellulären Signalverstärkungsmechanismen, die auf second messenger-Kaskaden beruhen. Bisher am besten bekannt ist der von zyklischem Adenosinmonophosphat (cAMP) vermittelte Transduktionsweg (Abb. 2) :
Der Duftstoff-Rezeptor-Komplex in der Zilienmembran aktiviert ein olfaktorisches GTP-bindendes Protein Golf, das das membranständige Enzym Adenylatzyklase (AC) stimuliert. Die in Riechzellen auftretende Isoform AC Typ III besitzt eine besonders hohe enzymatische Aktivität im stimulierten Zustand, wodurch die intrazelluläre cAMP-Konzentration signifikant moduliert werden kann.

Abb. 2 Signaltransduktion in Riechzellen über eine vom second messenger zyklisches AMP (cAMP) vermittelte Kaskade
aus: Homepage Stephan Frings, Institut für Biologische Informationsverarbeitung, Forschungszentrum Jülich http://www.fz-juelich.de/ibi/ibi-1/stefring.htm (Vorlesungsskripte Zoophysiologie/Signalverarbeitung in Riechzellen/ chemoelektrische Transduktion/Erzeugung des Rezeptorstroms)

Bei Erhöhung der cAMP-Konzentration öffnen unspezifische Kationenkanäle in der Zilienmembran, die zur Superfamilie der von zyklischen Nukleotiden gesteuerten Ionenkanäle (CNG-Kanäle) gehören. Der Eintritt von Calciumionen aus dem Mukus durch die cAMP-gesteuerten Kanäle in die Zilien erhöht die intrazelluläre Konzentration an freien Calciumionen ([Ca2+]i). Der Anstieg des Ca2+-Spiegels öffnet Ca2+-gesteuerte Chlorid-Kanäle, die Chloridionen (Cl-) aus den Zilien in den Mukus leiten. Durch den Kationeneinstrom und den Anionenausstrom depolarisiert die Riechzelle. Am Axonhügel werden die lokalen Potentiale in eine Erhöhung der Frequenz der Aktionspotentiale umgesetzt.
Außerdem scheint Inositol-1,4,5-trisphosphat (IP3) an der olfaktorischen Signaltransduktion beteiligt zu sein, zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist die Funktion dieses Botenstoffes allerdings noch nicht verstanden.

 

top Signaltermination

 

 


Zur Unterbrechung der Signalkaskaden wirken Terminationsmechanismen auf die molekularen Komponenten der olfaktorischen Transduktion ein.
Die Erhöhung der Calciumionen-Konzentration in den Zilien führt unter Beteiligung des Calciumionen bindenden Proteins Calmodulin zur Inhibition der cAMP-gesteuerten Kationenkanäle, außerdem wird eine Phosphodiesterase aktiviert, die den cAMP-Spiegel absenkt. Die intrazelluläre Calciumionen-Konzentration wird durch Na+/Ca2+-Austauscherproteine gesenkt, sekundäre Transporter, die den Calciumionen-Ausstrom durch Kopplung an Natriumionen-Einstrom ermöglichen. Natriumionen werden unter ATP-Hydrolyse von einer Na+/K+-ATPase aus den Zilien gepumpt.
Die Deaktivierung des Duftstoffrezeptors könnte herbeigeführt werden durch Phosphorylierung entweder über multifunktionelle Proteinkinasen wie Proteinkinase A und Proteinkinase C oder über spezifische G-Protein-gekoppelte Rezeptorkinasen. Möglicherweise ist auch eine Isoform des Proteins b-Arrestin, BARR-2, involviert, die in Zilien gefunden wurde.

 

Literatur H. Breer, I. Wanner, J. Strotmann, Molecular genetics of mammalian olfaction, Behaviour Genetics 26, 209-219 (1996). L. B. Buck, Information coding in the vertebrate olfactory system, Annual Reviews in Neuroscience 19, 517-544 (1996). R. F. Schmidt, G. Thews, Physiologie des Menschen, 27. Auflage, Springer Verlag, S. 322-327 (1997). S. Frings, D. Grammig, Vorlesungsskripte Zoophysiologie, Signalverarbeitung in Riechzellen, April 1999.