Leistungsvergleich: Komplexauge und Linsenauge


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Räumliches Auflösungsvermögen
Sehschärfe und Augengröße

Sehschärfenwinkel

Rezeptordichte und -durchmesser


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Welche Möglichkeiten gibt es, die Sehschärfe von Linsenaugen zu erhöhen?
Wenn die Rezeptordichte nicht weiter erhöht werden kann (weil das Wellenleiterlimit erreicht ist), kann die Auflösung des dioptrischen Apparates durch Vergrößerung des Auges verbessert werden. In der linken Abbildung hat das kleine, rot-gezeichnete Auge einen Sehschärfewinkel a. Bei konstanten Rezeptorabstand (Rezeptoren: gelb) führt eine Vergrößerung des Auges (mit proportionaler Vergrößerung des Linsendurchmessers) zu einem kleineren Sehschärfewinkle (a) und damit zu einer Verbesserung der räumlichen Auflösung. Die Sehschärfe steigt proportional zum Augendurchmesser D.
Allerdings kann die Verbesserung der Sehschärfe durch Linsenvergrößerung nicht beliebig gesteigert werden. Bei zu großen Linsen (rechts) fallen die Strahlen aus dem Randbereich (rot) in einem so steilen Winkel in die Photorezeptoren, daß sie nicht an der Plasmamembran reflektiert werden sondern benachbarte Rezeptoren belichten und damit das Bild "verwischen". Nur die flach einfallenden Strahlen der Linsenmitte (blau) werden total-reflektiert und erzeugen eine scharfe Abbildung.
 
Große Augen haben allerdings nicht prinzipiell einer größere Sehschärfe als kleine. Ein wichtiger Faktor für die räumliche Auflösung ist die Rezeptordichte. So ist z.B. die Sehschärfe der relativ kleinen Linsenaugen von Greifvögeln wesentlich höher als das des viel größeren Menschauges - eine Folge der höheren Rezeptordichte in der Fovea der Vögel (Mensch: 0.15 Millionen/mm2, Bussard: 1 Million/mm2)

 
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Bei Komplexaugen ist das Verhältnis von Größe zu Sehschärfe weit ungünstiger als beim Linsenauge. Die räumliche Auflösung des Komplexauges wird durch den Öffnungswinkel der Ommatidien bestimmt. Dieser Ommatidienwinkel wird durch den Augendurchmesser D und den Linsendurchmesser A bestimmt (links). Um eine größere Sehschärfe zu erreichen, muss man die Anzahl der Ommatidien erhöhen. Dabei wird aber zwangsläufig der Linsendurchmesser kleiner (Mitte). Das gibt Probleme, denn bei sehr kleinen Linsen sind die Brechungsfehler so groß, daß sie sich nicht mehr zur Bildgebung eignen. Die einzige Möglichkeit, eine hohe Ommatidiendichte mit großen Linsen zu verwirklichen, ist rechts gezeigt: das Auge muss vergrößert werden. Allerdings wird das Verhältnis von A und D udrch eine Quadratwurzelfunktion beschrieben: Für eine Verdoppelung des Linsendurchmessers ist eine Vervierfachung des Augendurchmessers nötig.
 
Da für die meist kleinen Arthropoden sehr große Komplexaugen nicht praktikabel sind, müssen sie sich mit einer weit geringeren Sehschärfe begnügen als Tiere mit Linsenaugen.

 
Verkehrte Welt
Hier trägt jeder die Augen des anderen: Die Fliege hat Linsenaugen, und die Augengröße ist so, daß das Tier mit gewohnter Sehschärfe navigieren kann. Die Linsenaugen sind nicht größer als es die eigenen Komplexaugen waren.
 
Anders beim Menschen: Um die räumliche Auflösung, die er von seinen Linsenaugen kennt, auch mit den neuen Komplexaugen zu haben, muß er diese unmäßig aufblähen. Mindestens 1 m Durchmesser braucht das Komplexauge, um die menschliche Sehschärfe zu erreichen. Und dabei ist schon berücksichtigt, daß die hohe Sehschärfe im menschlichen Auge auf die Fovea beschränkt ist. Sonst wären es 12 m Durchmesser ...
 
Aus: Kuno Kirschfeld (1984) Linsen- und Komplexaugen: Grenzen ihrer Leistung.
Naturwissenschaftliche Rundschau, 9:352-362.
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