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Signalverarbeitung in Photorezeptoren von Arthropoden

Inhalt

Allgemeines

Das Ommatidium

Die Signalkaskade

INAD-Tranduktionskomplex

Zusammenfassung

Literatur- und Arbeitsverzeichnis

Allgemeines

Die Komplexaugen der Insekten sind auf die Wahrnehmung von Bewegung spezialisiert. Fliegende Insekten sind in der Lage 250-330 Reize/sec getrennt wahrzunehmen, während der Mensch im Vergleich dazu nur etwa 50 Reize/sec getrennt wahrnimmt. Um eine solche Reizwahrnehmung zu realisieren, hat das Insektenauge besonders spezialisierte Mechanismen sowohl zur Aktivierung als auch zur Deaktivierung der Zellantwort entwickelt. Untersuchungen haben ergeben, daß mehr als 50 Genprodukte am Ablauf der Signalverarbeitung beteiligt sind.

Abb.1 Die Komplexaugen einer Bremse

Die Phototransduktion bei Vertebraten und Invertebtraten weist einige Ähnlichkeiten auf. Beide Prozesse verlaufen über mehrere Zwischenstufen, wobei sich die beteiligten Enzyme gegenseitig aktivieren und regulieren. Ausgelöst wird diese Enzymkaskade in beiden Fällen mit der Absorption von Photonen durch das Photorezeptormolekül Rhodopsin. Im dadurch aktivierten Zustand ist es in der Lage ein G-Protein zu binden und zu aktivieren. Der weitere molekulare Ablauf unterscheidet sich allerdings grundlegend und endet im Vertebratenauge mit dem Schließen der in die Sehzellmembran eingelagerten Kationen-Kanäle (Hyperpolarisation), während die Sehzelle der Arthropoden depolarisiert, d.h. ein Kationeneinstrom in die Zelle erfolgt (Abb. 4). ‘Die vergleichende Untersuchung dieser beiden Phototransduktionssysteme bietet die Möglichkeit zu verstehen, wie ähnlich biologische Probleme von unterschiedlichen molekularen Mechanismen der Signaltransduktion gelöst werden können.’ (Zucker; 1996) Im folgenden soll die Signalverarbeitung im Arthropodenauge am Beispiel von Drosophila kurz dargestellt werden.

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Das Ommatidium

    Das Komplexauge von Drosophilabesteht aus 800 Einzelaugen (Ommatidien). Jedes Ommatidium besteht aus einem lichtbrechenden Apparat und einer lichtempfindlichen Untereinheit (Retinulae), die aus 8 kreisförmig angeordneten Photorezeptorzellen (Sinneszellen) besteht

Abb.2 Ausschnitt aus einem Komplexauge

    An einer Seite dieser Zellen hat sich die Plasma-membran zu einem Rhabdomer spezialisiert, das aus etwa 60000 Mikrovilli besteht. Hier sind aufgrund der enormen Oberflächenvergrößerung mehr als 100 Millionen Rhodopsinmoleküle eingelagert. Mit der Aktivierung des Rhodopsins durch Lichtquanten wird die Signalverarbeitung eingeleitet.

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Abb.3 Photorezeptorzelle

Die Signalkaskade

Abb.4 Signalkaskade

Die Abbildung zeigt schematisch und stark zusammenfassend die Signalkaskade, wie sie bei Drosophila abläuft. Die in rot wiedergegeben Angaben geben das codierende Gen der jeweiligen Komponente an.

Durch die Absorption von Photonen isomerisiert der in das Rhodopsinmolekül (R) eingelagerte Chromophor 11-cis-Retinal zu all-trans-Retinal. Dieser Vorgang löst eine Konformationsänderung im Rhodopsinmolekül aus und aktiviert seine katalytischen Fähigkeiten. Im aktivierten Zustand (M*) ist es in der Lage, ein G-Protein (T-GDP) zu binden und katalysiert dessen Aktivierung. Das G-Protein tauscht sein GDP gegen ein GTP und zerfällt in einen -Komplex und die aktive Untereinheilt G-GTP. G-GTP aktiviert das Enzym Phosphlipase C (PCL), welches die Hydrolyse des Membranphospholipids Phosphatidylinositol (PIP2) zu Inositoltriphosphat (IP3) und Diacylglycerol (DAG) katalysiert. IP3 und DAG stellen intrazelluläre Botenstoffe dar, welche die Öffnung der Kationenkanäle bewirken. Diese Kanäle wirken nicht spezisch auf ein Kation, aber sie lassen in erster Linie Ca2+ -Ionen in die Zelle einströmen. Der Kationeneinstrom löst eine Depolarisation der Zelle aus. Es wird vermutet, daß auch cGMP als intrazellulärer Botenstoff bei der Depolarisation eine Rolle spielt. Eng mit der Aktivierung ist die Regulation der Zellantwort verbunden. Die dabei ablaufenden Mechanismen sind jedoch noch nicht vollständig untersucht worden. Versuche haben gezeigt, das extrazelluläres Calcium für das schnelle Ablaufen der Signalkaskade verantwortlich ist. Bringt man Sehzellen in ein calciumarmes Millieu, verlaufen sowohl Aktivierung und Deaktivierung des Prozesses sehr langsam, während der Prozess in calciumreichem Millieu sehr schnell abläuft. Bekannte Regulationsprozesse, an denen Ca2+ beteiligt ist, sind die Aktivierung von Calmodulin und zusammen mit DAG die Aktivierung einer für Augen spezischen Protein-Kinase C (PKC). PKC ist an der Deaktivierung und Desensibilisierung der Zellantwort entscheidend beteiligt, z.B. phosphoriliert es aktive Zwischenprodukte der Signalkaskade und deaktiviert sie dadurch. Um welche Zwischenprodukte genau es sich dabei handelt, ist noch nicht bekannt.

Das aktivierte Rhodopsinmolekül (M*) wird in einer Lichtreaktion sehr schnell wieder in seine inaktive Form (R) überführt, so daß es für eine erneute Reaktion zur Verfügung steht. Dabei wird M* von einer Rhodopsin-Kinase (RoK) phosphoriliert und bindet mit Arretin Das inaktivierte Rhodopsin wird durch eine Lichtreaktion in seine Ausgangskonformation zurückgefülhrt und durch eine Phosphatase dephosphoriliert. Auch PIP2 wird regeneriert, indem es über mehrere Zwischenschritte aus DAG wiederhergestellt wird.

Die Phototransduktion von Drosophila ist die schnellste bekannte Signalkaskade, die an ein G-Protein gekoppelt ist. Nur wenige Millisekunden liegen zwischen der Lichtaktivierung und der Depolarisation. Diese Organisation gewährleistet die hohe zeitliche Auflösung, zu der das Insektenauge in der Lage ist. Dazu müssen die einzelnen Komponenten, die an der Kaskade beteiligt sind rämlich sehr eng beieinanderliegen und zum Zeitpunkt der Reaktion am entsprechenden Ort der Reaktion versammelt sein. Entsprechende Rahmenproteine sorgen dafür, das dies der Fall ist.

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INAD-Transduktionskomplex

Abb.5 Vergrörerter Ausschnitt eines Mikrovillus mit einem INAD-TRansduktioskomplrx

Die Organisation des Transduktionsweges wird durch durch Rahmenproteine gewährleistet. Bei Drosophila werden die einzelnen Komponenten der Signalverarbeitung durch das Rahmenprotein INAD gesammelt und zu einem INAD-Transduktionskomplex vereinigt. INAD enthält insgesamt 5 verschiedene Proteinbindemotive (PDZ), die spezifisch an einen Partner binden. So bindet z.B. der Kationenkanal an der PDZ-Domäne 3, PKC an PDZ-2 und PDZ-4, PLC an PDZ 1 und PDZ-5. Die Zellantwort wird dadurch in einem klar begrenzten Bereich der Zelle gehalten, und die Signalmoleküle gelangen in große räumliche Nähe zueinander und werden von anderen Abläufen in der Zelle getrennt. Auf diese Weise wird eine schnelle Interaktion der einzelnen Partner gewährleistet. Schnelle Interaktion und Regulation der Zellantwort sind Voraussetzung für das hohe zeitliche Auflösungsvermögen fliegender Insekten. Aufgrund der Anordnung der Signalmoleküle in eine klar begrenzte Mikrodomäne, werden bereits geringfügige Änderungen der Konzentration der sekundären Botenstoffe registriert. Die Photorezeptorzellen weisen somit ein außerordentlich feines Regulationssystem auf, das in der Lage ist bereits geringfügige Photonenänderungen wahrzunehmen.

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Zusammenfassung

Die Signalverarbeitung in Arthropodenaugen ist ein außerordentlich komplexer Prozeß, in dem Aktivierung und Deaktivierung der Zellantwort eng miteinander verbunden sind. Rahmenproteine organisieren die beteiligten Komponenten in Transduktionskomplexe, und fördern dadurch einen extrem schnellen und ungehinderten Ablauf. Von den vermuteten 50 Genprodukten, die an der Transduktion beteiligt sind, sind viele noch nicht genau untersucht worden, so daß die Transduktion noch nicht in allen Teilabläufen exakt beschrieben werden kann. Drosophila eignet sich auf sehr gut dazu, genetische und molekulare Manipulationen an ihr durchzuführen, und stellt deshalb ein ideales Untersuchungsobjekt dar, in dem Sehzellen in vivo untersucht werden können.

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Literatur- und Abbildungsverzeichnis

  • Tsunoda, Susan / Zucker, Charles. ”The organization of INAD-signaling complexes by a       multivalent PDZ domain protein in Drosophila photoreceptor cells ensures sensitivity and speed of signaling”. Cell Calcium 26 (1999), 165-171.
  • Zucker, Charles. ”The biology of vision in Drosophila”. Proc. Natl. Acad. Sci. USA 93 (1996), 571-576.
  • Abbildungen:

  • Abb. 1 und 2: Campbell, Neil A. 1997. Biologie. Heidelberg etc.: Spektrum
  • Abb. 3: www.stephanfrings.de
  • Abb. 4: Zucker, Charles. ”The biology of vision in Drosophila”. Proc. Natl. Acad. Sci. USA 93 (1996), 571-576.
  • Abb. 5: Tsunoda, Susan / Zucker, Charles. ”The organization of INAD-signaling complexes by a multivalent PDZ domain protein in Drosophila photoreceptor cells ensures sensitivity and speed of signaling”. Cell Calcium 26 (1999), 165-171.
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