Moderne Methoden der Zellbiologie

VII: Biotechnologie    (INHALT) butmeth.jpg

Gewinnung natürlicher Inhaltsstoffe aus Mikroorganismen

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Viele Mikroorganismen produzieren Stoffwechselprodukte, die von großem Nutzen für den Menschen sein können. Ob diese sogenannten Sekundärstoffe auch Nutzen für die Mikroorganismen selbst haben, oder ob sie vielmehr Abfallprodukte von Stoffwechselwegen sind, ist meist nicht geklärt. Aufgrund der oft komplizierten Struktur ist man versucht, sie als Produkte gezielter Synthesewege zu betrachten, und Spekulationen über ihre Funktion rangieren von Substanzen zur Bekämpfung von konkurierrenden Organsimen bis zu Endprodukten von Entgiftungsmechanismen.
 
Antibiotika sind Sekundärstoffe, die schon in kleinen Dosen andere Mikroorganismen abtöten. Das bekannteste Antibiotikum. das Penicillin (unten rechts) wurde 1928 von Alexander Fleming per Zufall entdeckt. Fleming bemerkte, daß in einer Staphylokokkenkultur um eine Schimmelpilz-Infektion herum ein Hof gebildet hatte, indem keine Bakterien wuchsen. Auch das Wachstum anderer Bakterien wurde durch diesen Pilz (Penicillium notatum) gehemmt. Man erkannte sehr schnell die Bedeutung dieser Entdeckung: Mit einer Substanz, die nur Bakterien abtötet, nicht aber schädlich für den menschlichen Organismus ist, hatte man ein Mittel in der Hand, mit dem die damalige Todesursache Nummer 1, Infektionskrankheiten und Wundinfektionen, kausal bekämpft werden konnte.
 
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Penicillium notatum produziert nur wenig Penicillin. Aber durch die systematische Suche nach ergiebigeren Penicillinquellen wurden schließlich Stämme der Art Penicillium chrysogenum entdeckt, die eine 10.000-fach höhere Ausbeute gegenüber P. notatum erbrachten. Die industrielle Produktion von Penicillin wurde in den Kriegsjahren mit großem Aufwand betrieben und führte zur Entwicklung des Bioreaktors, bei dem mit einem Reaktionsvolumen von 100-300 m3 im Batch-Verfahren große Mengen des Antibiotikums hergestellt werden können.
 
Penicillin hemmt die Synthese von Murein, dem quervernetzten Polysaccharid-Peptid-Komplex, der bei allen Prokaryonten (außer den Archaebakterien) das Stützskelett der Zellwand bildet. Es wirkt damit spezifisch auf Prokaryonten und ist ein ideales Medikament gegen Infektionen. Nach der Entdeckung des Penicillins wurde eine Reihe weiterer Sekundärstoffe mit antibiotischer Wirkung gefunden. Einige davon sind in der Tabelle unten mit ihren Wirkorten bei Bakterien und Pilzen aufgeführt.
 

 

WIRKORT

(B)akterien

(P)ilze

Antibiotikum

hemmt oder beeinflußt

       

Zellwand

B

P

P

Penicillin, Cephalosporin

Polyoxin, Nikkomycin

Papulacandin

Mureinsynthese

Chitinsynthese

b -Glucansynthese

Plasma-membran

B

P

Polymyxin, Gramicidin

Amphotericin B

Erhöhung der Permeabilität

Funktion der Membran

Protein-

biosynthese

B

P

Streptomycin,Erythromyc.

Cycloheximid

Funktion der Ribosomen

Funktion der Ribosomen

DBA-

Biosysnthese

B

P

Anthracyclin, Bleomycin

5-Fluoruracil

Thymidylat-Synthese

RNA-

Biosynthese

B

Rifamycin

 

Kern

P

Griseofulvin

Kernteilung


 
Aus: Diekmann, H., Metz, H. (1991)
Forschungszentrum Jülich