Inhalt:

Lieber zurück zum Schmerz?

Was ist Schmerz?

1. Definition des Schmerzbegriffes   

2. Kongenitale Analgesie

3. Schmerzdifferenzierung

4. Der Schmerzapparat

5. Schmerzkomponenten

6. Schmerztheorien

7. Algesimetrie

8. Klinische Schmerzformen

1. Definition des Schmerzbegriffes

    Im Jahre 1979 gab die "International Association for the study of pain" (IASP) folgende Definition von Schmerz:

    "Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit aktueller oder potentieller Gewebsschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen beschrieben wird."

    - diese Definition beinhaltet die Unterscheidung emotionaler und sensorischer Aspekte. Schmerzen sind auch dann Schmerzen, wenn keine organischen Ursachen vorliegen.

    - Schmerz trägt im Vergleich zu den anderen Sinnen wenig zum Erkennen der Umwelt bei.

    - Schmerzsinn gibt nur Information über den Zustand des Körpers, über Bedrohung von innen und außen.

    - Zum Erkennen der Schmerzursache werden die anderen Wahrnehmungsapparate benötigt.

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2. Kongenitale Analgesie

    Schmerz wird häufig als störend, überflüssig und negativ beschrieben, doch was würde passieren, wenn die Schmerzwahrnehmung nicht da wäre?

    - Dabei handelt es sich um Defizite der Schmerzwahrnehmung auf Rezeptorebene oder Verarbeitungsebene im Gehirn: Man unterscheidet:

    a) angeborene (kongenitale) Analgesie,
    b) erworbene Analgesie, 
    (z.B. Leprakranke: Durch Infektion des Nervensystems kommt es zu einem Sensibilitäts- uns Schmerzempfindungsverlust)

    - Die Schmerzwahrnehmung führt zu unabsichtlichen Verletzungen und Verstümmelungen Schmerzloses Leben endet oft früh.

Fazit: Schmerz zu empfinden ist eine lebenserhaltende biologische Funktion unseres Organismus.

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3. Schmerzdifferenzierung

    -nach Ort:

Abb. 1: Schmerzqualitäten

    Oberflächenschmerz:

    Doppelschmerzphänomen: 1. Schmerz (A): hell, spitz, stechend, gut lokalisierbar, schnell abklingend.

    2. Schmerz (C) (nach 0,5- 1,0 s)dumpf brennend, schwer lokalisierbar, langsam abklingend.

    Tiefenschmerz und Visceraler Schmerz sind eine ähnliche unangenehme Empfindung wie der 2. Schmerz.

Abb. 2: Schmerzintensitäten des 1. und 2. Schmerzes

    -nach Dauer

    - Akuter Schmerz:

     Warn- und Schutzfunktion

     bewirkt schmerzmeidendes bzw. heilungsförderndes Verhalten (Bettruhe, Humpeln)

     endet, wenn Körper wieder hergestellt. (Sekunden bis max. Wochen)

 

    - Chronischer Schmerz:

     per Def. länger als 6 Monate oder periodisch

     Dauerschmerz (Tumor), periodischer Schmerz(Migräne)

     Ausdruck bleibender pathophysiologischer Veränderung, d.h Dauerschaden (Arthrose)

      vegetative Begleitreaktionen: Herzfreq., Blutdruck, Pupillendilat., Reflexe, Muskelspannungen, Gänsehaut, Schweißausbrüche

     affektive Begleiterscheinungen: Angst, emotionaler Streß, Depressionen

     psychologische Ursachen möglich

    Umbau von Nervenzellstrukturen, Überempfindlichkeit (Schmerzgedächtnis)

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4.   Bau des Schmerzapparates

    Eigenständiger Nervöser Apparat bestehend aus:

    Urnoxe: Gewebsschädigung, Verletzung: bewirkt Ausschüttung von Noxenstoffen

    Noxen :  z.B. Prostaglandine, K+: erregen die Nozizeptoren

    Nozizeptoren:  "freie" nichtkorpuskuläre Nervenendigungen in der Haut v.a. an spez. Schmerzpunkten

    Nozizeptives System: Weg der ascendenten Nervenbahnen:

    - Hinterhorn des Rückenmarks (Refelxbogen zu mot. und veg, NS)
    - Vorderseitenstrang
    - Thalamus
    - Limbisches System (affektive Komponente)
    - Cortex: (Sensorische Komponente)

    Anozizeptives, schmerzhemmendes System

    1. Segmentale Hemmung (im Hirnstamm)

    2. Supraspinale Hemmung

    Cortex, Hypothalamus, Tractus spinoretikularis aktiviert das zentrale Höhlengrau im Mittelhirn und die Raphekerne zur Ausschüttung von Transmittern: Enkephaline, Endorphine (endogene Opioide)

    - Aktivierung durch Stress, Medikamente, wiederholte Auslösung von Schmerzimpulsen

Abb. 3: Das nozizeptive System

    - unterschiedliche Aktivität des schmerzhemmenden Systems ist Grund für die unterschiedliche Schmerzempfindlichkeit von Personen.

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5. Schmerzkomponenten

    sensorische Komponente: 

    Messfunktion des Schmerzes, Dauer, Art, Ort, Intensität, Unterscheidung nox. von nichtnox Reizen 
    Lokalisiert  im Thalamus, Cortex

    affektive (emotionale) Komponente:

    emotionale Stimmung
    Lokalisiert im Limbischen System

    vegetative (autonome) Komponente:

    Muskelspannungen. Gänsehaut, Pupillenerweiterung, Blutdruckveränderung, Schweißausbrüche. Bes. bei visceralen Schmerzen
    Lokalisiert im vegetative Nervensystem

    Motorische Komponente: 

    Flucht-, Schutzreflex
    Lokalisiert im motorischen Nervensystem

Abb. 4: Schmerzkomponenten

    kognitive Komponente: Schmerzbewertung, wird von den vier obigen Komponenten beeinflusst und vergleicht von aktuellem Schmerz mit Schmerzerlebnissen aus der Vergangenheit

    psychomotorische Komponente:  Schmerz-, Verhaltensäußerung, ist abhängig von ethnischer Herkunft, Erziehung, Charakter und den Umständen

    Die Komponenten können koordiniert aber auch unabhängig voneinander ablaufen. Z.B. weisen dezebrierte Tiere immer noch motorische und vegetative Komponenten bei Schmerzreizung auf.

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6. Schmerztheorien

    Intensitätstheorie (A) (1900 Goldscheider): 
       - Steigende Reizintensität an Temp. und Tastsinn führt zu Schmerz durch Übererregung
       - Summation eingehender sensorischer Hautreize in den Hinterhornzellen

    Spezifitätstheorie (B)   (1900 von Frey): 
       - Schmerz ist eine eigenständige Sinnesmodalität
       - Nur Erregung der A- und C-Fasern löst Schmerz aus, die dicken A-,B-Fasern nicht 
       - Spez. Schmerzpunkte

    Torkontrolltheorie (C)  (1965 Melzack, Wall):
       - Einbeziehung des schmerzhemmenden Systems
       - die dicken Fasern (A, ) aktivieren Interneuronen im Rückenmark, die die Weiterleitung der Signale von dünnen nozizeptiven Fasern (A, C) ins ZNS hemmen. Impulse dünner Fasern haben einen wegbereitenden Effekt, da sie die Interneuronen hemmen.     (FALSCH Nachgewiesen: 1986).

Abb. 3: Schmerztehorien

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7. Algesimetrie

    Aktivitätsmessung durch bildgebende Verfahren

    Subjektive Algesimetrie: Ermittlung der pers. Schmerzschwelle, Schmerzintensität (verbal), Schmerztoleranzgrenze

    Objektive Algesimetrie: Messung motorischer und vegetativer Reaktionen des Probanden sowie Hirnrindenpotentiale, durch funktionelle Magnet-Resonanz-Tomographie, Positronen-Emissions-Tomographie, Elektroden

    Klinische Algesimetrie: Subjektive Beurteilung auf einer visuellen Analog-Skala von 1 bis 7 mit der Einheit [dol], Mc-Gill-Painquestionnaire, Schmerzquotient: vgl. klinischer Schmerz mit experimentellen, ischämischen Muskelschmerz..

Schmerzadaptation

    Es findet keine Adaptation statt:

    - subj. Erfahrung: (z.B. stundenlanger Zahnschmerz)

    - experimetelle Schmerzmessung: man beobachtet eher das Gegenteil: eine Sensibilisierung der Nozizeptoren sowie Überempfindlichkeit des Areals

    - Allerdings kann man eine Habituation bei täglicher Wiederholung beobachten, d.h. eine verminderte Reaktion nach wiederholter Reizung.

Abb. 4:  Infrarotstrahlung auf Haut, Photozelle zur Messung der Hauttemperatur, Kurve: Abhängigkeit der Schmerzschwelle von der Dauer

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8. Klinische Schmerzformen

Allodynie

Schmerzen durch nichtnoxische Reizung

Projizierter Schmerz

Ort der Noxen-Einwirkung ist nicht identisch mit dem Ort der Schmerzempfindung. Stößt man sich den Ellebogen an der Tischkante und reizt somit einen Nervenstrang wird dieser ausgelöste Impuls im Gehirn auf das Versorgungsgebiet des Nervs projiziert: d.h. kleiner Finger.

Neuralgie

Chronische Nervenschädigung. Permanente Reizung führt zu attackenartigen Schmerzen im Versorgungsgebiet.

Übertragener Schmerz

Nox. Reizung der Eingeweide wird oft nicht nur am inneren Organ, sondern auch im dazugehörigen Dermatom empfunden (Head-Zonen).

Zentraler Schmerz

Bei Schädigung des ZNS kommt es zu Erregbarkeitssteigerung, Spontanaktivität der Nerven (wegen fehlender Impulse), z.B. Phantomschmerz nach Amputation.

Psychosomatischer Schmerz

Körperliche Beschwerden als Ausdruck seelischer Belastung. Abhilfe durch - Änderung der Lebensführung, 
                       - psychotherapeutische Manahmen.

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Quellennachweis:

  E. Mutschler: "Arzneimittelwirkugen", 7. Auflage; Wiss.Verl.Ges. 1996

H.O. Handwerker: "Einführung in die Pathophysiologie des Schmerzes"; Springer 1999

  Schmidt, Thews, Lang: "Physiologie des Menschen, 28. Auflage; Springer 2000

  Silbernagel, Klinke: "Lehrbuch der Physiologie, 2. Auflage; Thieme 1996

  Readers Digest: "Schmerzfrei durchs Leben

  Dr. Egbert Asshauer: Die Schmerzfiebel; Delphin Verlag

  Kaspar Weber: "Einführung in die psychosomatische Medizin; Hubert Verlag 1984

 www.phillex.de

  www.wissen.de

  www.dr-beck.de

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