1. Schmerzcharakterisierung: |
Nach
Lage: |
Somatischer Schmerz:
Schmerzempfindung, die entweder von der Oberfläche oder aus der Tiefe stammt.Hierbei
liegt das Zentrum des Schmerzes entweder in der Haut, oder im Bindegewebe, in der
Muskulatur, oder in den Knochen/Gelenken. |
Visceraler Schmerz:
gleichbedeutend mit Eingeweideschmerz, Spasmen, starke Dehnung, Ischämie |
Nach
Schmerzdauer: |
Akuter Schmerz:
dient als Signal und Warnfunktion.
Der Schmerz klingt direkt ab, wenn der noxische Reiz beseitigt ist. |
Chronischer Schmerz:
Erst wenn die Beschwerden länger als ein halbes Jahr bestehen. Dieser Typ, spiegelt
meistens eine dauerhafte Organschädigung wider, muss aber nicht (Krebs bleibt lange
unentdeckt.).
Der chronische Schmerz kann zum eigenen Krankheitsbild werden Õ keine Warnfunktion!
psychogener Schmerz: seltener die Halluzination, häufiger: Konversionsneurose: die
Schmerzempfindung hat keinen organischen Grund, sondern ist Ausdruck psychischer Belastung
Õ Migräne. |
2. Schmerzkomponenten |
Sensorische
Komponente: |
die
Sinnesempfindung Schmerz umschreibt einen noxischen Reiz. Die Ausprägung ist
unterschiedlich. Verarbeitung findet im thalamokortikalen Strukturen statt. |
Affektive
oder emotionale Komponente: |
umschreibt
den emotionalen Anteil des Schmerzes. Alle Sinneseindrücke rufen Gefühle hervor, Schmerz
meistens Unlustbetonte. Verarbeitung im limbischen System |
Vegetative
Komponente: |
Schmerz
löst auch vegetative Reaktionen aus. Symphatische: starke Durchblutung der Muskulatur,
Anstieg der Herzfrequenz / des Blutdruckes / der Atemfrequenz, etc. Tritt bei somatischen
Schmerzen auf. Parasympatische: starke Durchblutung der Eingeweide, Abnahme der
Herzfrequenz / Blutdruckes /Atemfrequenz
Tritt oft bei visceralen Schmerzen auf. |
Motorische
Komponente: |
Flucht
oder Schutzreflex. Bei visceralen und Tiefen - Schmerz: Muskelverspannungen |
3. Schmerzbewertung: |
- Erfolgt
immer aus dem vergleich von erfahrenen Schmerzen und Akuten
- Kognitive Komponente = erkennende Komponente
- Beeinflusst die Schmerzäußerung
- Vermutlich werden auch affektive, sowie vegetative Komponenten beeinflusst: die Stärke
der Schmerzäußerung hängt ebenfalls von der sozialen und familiären Situation, sowie
von Erziehung und Kultur (ethnische Herkunft) (Morbus mediterranae) ab. Die Reaktion auf
Schmerz und die Situationsbewältigung ist nicht angeboren, sondern wird erlernt. |
4. Schmerzmessung (Algesymetrie): |
Subjektive
Algesymetrie: |
misst die
Schmerzschwelle, ~intensität,~toleranzschwelle
kann auch kombiniert werden: mit klinische Alg. Õ Pat.
bekommen Fragebögen, oder müssen subjektiv ihr Schmerzempfinden auf Skalen eintragen |
Objektive
Agesymetrie: |
Erfolgt durch
Beobachter, die die Schmerzäußerung durch motorische und Vegetative Reaktionen messen. |
Mehrdimensionale
Algesymiterie: |
Kombination aus allen |
Schmerzmessung:
beim Menschen durch experimentelle thermische Schmerzreizung. lnfrarotstrahlung erwärmen
ein geschwärztes Hautfeld auf der Stirn der Versuchsperson. Die Hauttemperatur wird über
einen Temperaturfühler (Photozelle) aufgenommen und auf einem Schreiber registriert.
[Nach HARDY:J. Appl. Physiol. 5, 725 (1953)]. Die gelbe Kurve zeigt die
Abhängigkeit der Schmerzschwelle (Mittelwerte) von der Dauer des Hitzereizes. Die
Versuchspersonen wurden angehalten, die Strahlungsintensität selbst so zu regulieren,
daß die Hauttemperatur für die Dauer des Versuches gerade als schmerzhaft empfunden
wurde. Das anfängliche Überschießen der Hauttemperatur über die Schmerzschwelle hinaus
ist durch die Trägheit der Versuchsanordnung bedingt. [Nach GREENE und HARDY:J.Appl.
Physiol. 17,693(1962)] |
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Schmerzadaption:
Erfolgt nicht, selbst bei langanhaltenden Schmerzen erfolgt keine Anpassung. Im
Gegensatz zu anderen Sinneswahrnehmungen sinkt die Reizschwelle bei längeren Reizen ! |
Nozizeption:
Man geht davon aus, daß Schmerzen eine selbstständige Empfindung mit eigenen
Sensoren, Leitungsbahnen und nervösen Zentren sind. Demnach verfügen alle höher
entwickelten tierischen Organismen über spezielle Sinnesrezeptoren, die so hohe
erregungsschwellen haben, daß sie nur durch gewebeschädigende, bzw. gewebebedrohende
Reize (sog. Noxe) aktiviert werden. Diese Sensoren und ihre afferenten Nervenfasern werden
daher als Nozizeptoren bezeichnet. Die von Nozizeptoren aktivierten neuralen Strukturen
bezeichnet man als nozizeptives System. Unter der Nozizeption versteht man hingegen die
gesamte Aufnahme, Weiterleitung und die zentralnervöse Verarbeitung noxischer Signale.
Die menschliche Haut ist nicht gleichmäßig empfindlich sondern besitzt sogenannte
Schmerzpunkte. Bei diesen Schmerzpunkten handelt es sich um polymodale Nozizeptoren, die
gleichermaßen auf mechanische, thermische und chemische (Bradykinine, Prostaglandine)
reagieren. Selbiges gilt für die Nozizeptoren der Skelettmuskulatur, der Sehnen und
Gelenke.Histologische betrachtet handelt es sich bei den Nozizeptoren um
nichtkorpuskuläre (-freie-) Nervenendigungen. Diese enden vorzugsweise in der Antventitia
kleiner Blut und Lymphgefäße, aber auch in Bindegewebsräumen und im Endoneurium
selbst. Wahrscheinlich sind die Erregungsprozesse von Nozizeptoren denen anderer sensoren
analog. Am Anfang steht dabei immer das Auftauchen einer Noxe (z. B. Bakterien,
Mangeldurchblutung, Gewalteinwirkung, extreme Temperaturen). Diese Noxe führen entweder
direkt zuj einer Erregung von Nozizeptoren (vor allem bei mechanischer Gewalteinwirkung)
oder in den meisten Fällen zu einer Kette von Zell und Gewebereaktionen. Diese
Reaktionen führen zur Freisetzung von Stoffen, sogenannter Noxe im engeren Sinne, die
erregend bzw. sensibilisierend auf die Nozizeptoren einwirken. Aufgrund der Feinheit
dieser Sensoren konnten die durch Noxe ausgelösten Generator oder
Rezeptorpotentiale noch nicht elektrophysiologisch beobachtet werden. Dabei ist die
Reizschwelle weder für alle Nozizeptoren einheitlich noch für einen gegebenen Nozizeptor
konstant. In gesunden Geweben sind die Nozizeptoren entweder hochschwellig oder
mechanoinsensitiv (sog. stumme oder schlafende Nozizeptoren). Ist das betreffende Gewebe
pathophysiologisch verändert (z. B. durch Entzündung) werden die Nozizeptoren
sensibilisiert, d. h. ihre Reizschwellen werden soweit abgesenkt, dass selbst
nichtnoxische Reize zur Erregung der Nozizeptoren führen. Hierbei werden auch die
"schlafenden" Nozizeptoren "aufgeweckt". |
Plastische
Veränderungen im nozizeptiven System bei Entzündung. A Sensibilisierung eines
Nozisensors aus dem Kniegelenk der narkotisierten Katze im Verlauf einer experimentellen
Arthritis (Entzündung des Kniegelenks durch Injektion von Kaolin und Carragenan).
Dargestellt ist die Zahl der durch Beugung des Kniegelenks ausgelösten Aktionspotentiale
vor und bei Entwicklung der Entzündung. B Entstehung von Übererregbarkeit
(zentrale Sensibilisierung) in einem nozizeptiven Neuron aus dem Rückenmark einer
narkotisierten Ratte im Verlauf einer experimentellen Arthritis. Wie B zeigt,
vergrösserte sich das rezeptive Feld im Verlauf der Arthritis, gleichzeitig war das
Neuron jetzt durch nichtnoxische Druckreize erregbar. |
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Die
Sensibilisierung erfolgt hiebei durch die Freisetzung von Entzündungsmediatoren (z. B.
Bradykinine, Serotonin, Prostaglandine, Leukotriene). Die Entzündungsmediatoren bewirken
eine Vasodilatation und eine Erhöhung der Permeabilität der Gefäße. Als Fiolge treten
typische Entzündungssymptome wie Schwellungen, Rötung und Überwärmung des betroffenen
Gewebes auf. Neben diesen sensorischen Funktionen haben viele nozizeptive afferenten
Neurone auch eine effektorische Funktion, die bei neurogenen Entzündungen eine Rolle
spielen. Werden diese Neurone aktiviert, können sie an ihren peripheren Endigungen
Neuropeptide freisetzen. Die Neuropeptide führen dann zu enzündungsfördernden
Gefäßreaktionen, die die Wirkung der lokalen Entzündungsmediatoren noch verstärken.
Derartige Reaktionen konnen als neurogene Komponente einer noxischen Entzündungsreaktion
verstanden werden. |
Nervöse Weiterleitung: |
Zentralnervös:
Nozizeptive Afferenzen enden an den Neuronen des Hinterhorns. Von dort aus wird der
kontralateral liegende Vorderseitenstrang angesteuert. Dieser leitet den Reiz an den
Hirnstamm weiter. Hier konvergieren die Vorderseitenstränge mit den Afferenzen der
N. Trigeminus und laufen zum Thalamus, der dann die Projektion auf die verschiedenen
Kortexareale vornimmt |
Spinal:
Zwischen den nozizeptiven Afferenzen und den Motoneuronen sind Interneurone geschaltet
Õ Reflexverhalten.
Flexionsreflex: die ipsilateralen Extensorneurone (Neurone, die den auf der
gleichen Seite liegenden Streckmuskel innervieren) werden durch diese Verschaltung
gehemmt, damit der Reflex ganz ausgeprägt werden kann und keine antagonistischen Aktionen
auftreten können.
Gekreuzter Reflex: entsteht durch die Kombination von spinalen und supraspinalen
Verbänden. Folge hiervon ist z.B. eine Stabilisierung beim Wegziehreflex, oder die
Schonhaltung
Im Hirnstamm werden die Neurone durch einen nozizeptiven Reiz erregt, es kommt zu
negativen Rückkopplungsschaltkreisen, die die weitere Verarbeitung im Hirnstamm oder im
Rückenmark inhibieren.
Folge: körpereigene Schmerzabwehr |
Schematische
Übersicht über den Verlauf der aufsteigenden nozizeptiven Bahnen (links) und der
deszendierenden Bahnsysteme, die den nozizeptiven Zustrom modulieren (rechts). Von
den aufsteigenden Bahnsystemen sind nur der Tractus spinothalamicus und die
sich ihm anschließenden trigeminothalamischen Zuflüsse gezeigt. Andere, an der
aszendierenden Konduktion nozizeptiver Information beteiligte Bahnen (z. B.Tractus
spinoreticularis,Tractus spinocervicalis) sind der Einfachheit halber weggelassen.Vom
lateralen Thalamus nehmen die spezifischen thalamokortikalen Bahnen ihren Ursprung; sie
enden überwiegend im somatosensorischen Kortex. Die Efferenzen der medialen Thalamuskerne
sind diffuser. Sie enden nicht nur in weiten Arealen des frontalen Kortex, sondern ziehen
auch zu subkortikalen Strukturen, insbesondere des limbischen Systems (nicht eingezeichnet
ebenso nicht die starken retikulären Zuflüsse dieser Kerne). Die deszendierenden Systeme
üben ihren Einfluß überwiegend auf spinaler Ebene (bzw. auf die entsprechenden
trigeminalen Strukturen, nicht eingezeichnet) aus. Die Einsatzfigur gibt in einer
Seitenansicht des Hirnstamms die Lage der Hirnstammschnitte an: 1 kranialer Rand der
unteren Olive, 2 Mitte des Pons, 3 unteres Mesenzephalon. PAG periaquäduktales
Grau (zentrales Höhlengrau); NRM Nucleus raphe magnus (nach
Untersuchungsergebnissen zahlreicher Autoren) |
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Schmerzformen: |
Entzündungsschmerz:
Alle Entzündungen führen zu einer charakteristischen Schmerzsymptomatik, die man als
Allodynie und Hyperalgesie bezeichnet und die häufig in Kombination mit Spontanschmerzen
auftritt. Die Allodynie bezeichnet Schmerzen, die durch nichtnoxische Reizungen verursacht
wird. Bsp.: bei einem Sonnenbrand führt schon eine Berührung oder geringer Wärmereiz
(nichtnoxischer Reiz) zu Schmerzempfindungen. Die Hyperalgesie bezeichnet hingegen eine
erhöhte Empfindlichkeit gegenüber noxischen Reizen. |
Projezierter Schmerz: |
Bei akuten bzw.
chronischen Reizungen afferenter nozizeptiver Nervenfasern kann es zu projezierten, bzw.
neuralgischen Schmerzen kommen.Als Beispiel hierfür sei das Stoßen des sog.
"Musikantenknochens" genannt. Hierbei kommt es durch die heftige mechanische
Reizung des N. ulnaris zu Missempfindungen im Versorgungsgebiet dieses Nervs. Die
dadurch in diesem Nerv ausgelöste Impulsaktivität wird vom Bewußtsein in dessen
Versorgungsgebiet projeziert. Normalerweise kämen derartige Impulse aus den Sensoren
dieses Versorgungsgebietes. Bei projezierten Schmerzen ist demnach der Ort der Einwirkung
einer Noxe nicht mit dem Ort der Schmerzempfindung identisch. |
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Neuralgien:
Neuralgien entstehen durch die kontinuierliche Reizung eines Nervs oder einer Hinterwurzel
(z. B. Bandscheibenvorfall). Derartige chronische Nervenschädigungen führen zu
"spontanen" Schmerzen, die häufig Wellenförmig oder Attackenweise auftreten
und meist auf das Versorghungsgebiet des erkrankten Nervs bzw. der geschädigten Wurzel
beschränkt sind. Diese durch pathophysiologische impulsbildung an nozizeptiven Fasern
(und nicht an den Nozizeptoren selbst) entsehenden Schmerzen bezeichnet man als Neuralgie
oder neuralgischen Schmerz. |
Übertragener Schmerz:
Werden Eingeweide noxisch gereizt, so empfindet man den Schmerz nicht nur am betroffenen
inneren Organ, sondern auch im zugehörigen Hautabschnitt als sogenannten übertragenen
Schmerz. Das Zustandekommen übertragener schmerzen beruht darauf, dass nozizeptive
Afferenzen aus der Haut auf dieselben Ursprungszellen der aufsteigenden nozizeptiven
Bahnen projezieren wie die nozizeptoren der inneren Organe. |
Entstehungswege
übertragener Schmerzen. Links ist gezeigt, daß nozizeptive Afferenzen aus
den Eingeweiden zum Teil an denselben Neuronen des Hinterhornes enden wie nozizeptive
Afferenzen aus der Haut. Rechts ist zu sehen, daß dieselbe nozizeptive Afferenzen
gelegentlich sowohl oberflächliches wie tiefes Gewebe versorgen kann. |
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Ausserdem
ist es möglich, dass axonkolateralen primärer nozizeptiver Afferenzen sich bereits im
Bereich des Spinalnerven in zwei oder mehrere Kollateralen aufzweigen, die anschließend
oberflächliche und tiefergelegene Strukturen innervieren. Da übertragene Schmerzen im
zugehörigen Dermatom empfunden werden sind sie oft ein wichtiges diagnostisches
Hilfsmittel. |
Zentrale Schmerzen: |
Funktionelle
Störungen oder Defekte spinaler oder supraspinaler nozizeptiver Systeme können zu
Erregbarkeitssteigerungen und Spontanaktivitäten dieser Strukturen führen, die mit
erheblichen Schmerzen verbunden sind. Derartige durch Schädigungen des ZNS verursachten
Schmerzen bezeichnet man daher als zentrale Schmerzen. Bsp.: Aussreissen von Hinterwurzeln
(Anaesthesia deolorosa), Thalamusschmerz (Schädigung sensorischer Thalamuskerne). In
vielen Fällen sind Schädigungen zentralnervöser Strukturen jedoch nicht schmerzhaft,
wie beispielsweise bei Schlaganfällen und Gehirntumoren. |
Angeborene,
völlige Schmerzunempfindlichkeit:
Bei einem Teil dieser seltenen Fälle lässt sich kein eindeutiger Defekt des
Nervensystems nachweisen. In anderen Fällen fehlen entweder die nozizeptiven Afferenzen
in den peripheren Nerven oder die ersten weiterführenden Neurone im Hinterhorn des
Rückenmarks. Die Symptomatik ist jedoch immer die gleiche: die betroffenen Personen
können keine gewebeschädigenden Reize mehr wahrnehmen. Sie führen sich zahlreiche,
mitunter schwere bis zur Selbstzerstümmelung reichende Verletzungen zu, die eine Vielzahl
von Infektionen nachsichziehen und zu einem vorzeitigen Tod des Betroffenen führen. |
Transmitter, Modulatoren: |
Exzitatorische
Aminosäuren:
L Glutamat, Aspartat depolarisieren viele noz. Neurone, und gelten damit als
dieTransmitter bei der Schmerzempfindung |
Noradrenalin,
Dopamin:
Dienen der Hemmung, deweiteren sind sie Transmitter des veget. NS |
Neuropeptide,
auch Neuromodulatoren:
Induzieren Depolarisation oder Hyperpolarisation.
Der Zeitverlauf wird anders
Vermutlich ergänzen sie die klassischen Transmitter, deren Latenzen und Dauer oft im
Minutenbvereich liegen.
NP die eine exzitatorische Wirkung haben sind z.B. Tachykinine
Können auch der Hemmung dienen: Opioide |