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Literatur/Quellen

Aufbau und Funktionsprinzipien des Ohres

Das Ohr empfängt Schallwellen über die Gehörmuschel und leitet diese über das Trommelfell und die Gehörknöchelchen an das Innenohr weiter. Das Innenohr ist unterteilt in das Vestibularsystem (für den Gleichgewichtssinn) und die Cochlea („Hörschnecke", Abb. 1). Diese ist durch das Runde und Ovale Fenster zum Mittelohr hin abgegrenzt und unterteilt in Scala vestibuli, S. tympani und S. media. Erstere sind beide mit Perilymphe gefüllt und stehen am Helicotrema (Ende der Cochlea) miteinander in Verbindung; die dazwuschenliegende S. media (hier Ductus cochlearis genannt) ist mit Endolymphe gefüllt.

 

 

Autor: Olaf Reichard









 

 

  Aufbau der Cochlea

 

 


Abb. 1

1. Querschnitt

Die Cochlea ist unterteilt in Scala vestibuli, S. tympani und S. media.Erstere sind beide mit Perilymphe gefüllt und stehen am Helicotrema (Ende der Cochlea) miteinander in Verbindung; die dazwischenliegende S. media (hier Ductus cochlearis genannt) ist mit Endolymphe gefüllt.

 

Abb. 2

2. Längsschnitt

Die am Runden Fenster eintreffenden Schallwellen wirken auf die Perilymphe ein, so daß die S. media, vor allem die Basilarmembran (BM), in Schwingung versetzt wird. Sie schwingt dabei in Form einer Wanderwelle, was für die Frequenzdiskreminierung von Bedeutung ist.

 

 

 

 

 

 top Frequenzdiskreminierung

 

 


Die Basilarmembran schwingt in Form einer sogenannten Wanderwelle was mit der Beschaffenheit der Basilarmembran zusammenhängt (Abb. 3):
Abb. 3

Die Steife der Basilarmembran nimmt vom Steigbügelfuß zum Helicotrema hin im Verhältnis 10.000 : 1 ab, die Wellen werden dadurch im hinteren Verlauf langsamer (je dichter die Materie, desto schneller die Schallweiterleitung) und die Wellenlängen nehmen ab. Die Amplituden werden durch die höhere Flexibilität jedoch wesentlich größer.

Daraus ergibt sich, daß jede Frequenz einen spezifischen Ort auf der Basilarmebran einen Optimalbereich hat, wo die Welle „noch ankommt" und „schon ausschlagen" kann.
Abb. 4
Dort werden die Haarzellen ausgelenkt, was sich für den Menschen in einem hörbaren Reiz äußert. Die Reibungsverluste sind bei der maximalen Amplitude am Größten, so daß die Wellen im Allgemeinen verschwinden, bevor sie das Helicotrema erreicht haben.

 

top Das Corti-Organ
 


In der S. media liegt das Corti-Organ, welches die Sinnesrezeptoren, die Haarzellen trägt. Die Reizung erfolgt durch ein Auf- und Abbewegen der BM, was zu einer lateralen Ausscherung gegen die Tektorialmembran führt.
Abb. 5

Es liegen verschiedene Typen von Haarzellen vor: Drei Reihen von äußeren Haarzellen (ÄHZ) mit etwa 12.000 Zellen und eine Reihe von inneren (IHZ) mit etwa 3.500. Die ÄHZ sind mit der Tektorialmembran verwachsen, weden also unmittelbar gereizt, für die IHZ ist dies fraglich.
Die ÄHZ werden vorwiegend efferent innerviert, es fallen nur etwa 10% der afferenten Nervenfasern auf die zahlenmäßig weit überlegenen ÄHZ (konvergent). Bei den IHZ ist es genau umgekehrt: Eine Rezeptorzelle wird von etwa 30 Nervenfasern versortgt (divergent), wohingegen kaum efferente Fasern vorzufinden sind. Es ist also wahrscheinlich, daß die Hörfunktion bei den IHZ liegt.


 

top Die Äußeren Haarzellen
 
Abb. 6

Die ÄHZ übernehmen eine regulatorische Funktion, sie verstärken mechanisch das Reizsignal. Dies wird über eine Kontraktion bewerkstelligt, die synchron mit der Reizung und den dadurch ausgelösten Depolarisationen erfolgt.

Sie entsteht durch eine Konformationsänderung eines Transmembranproteins (dessen Struktur noch weitgehend unbekannt ist), dessen Untereinheiten bei einer Hyperpolarisation weiter auseinanderliegen als bei einer Depolarisation. Die Kraft, die diese Proteine bei der Kontraktion erzeugen liegt bei 250 Kilowatt auf ein KG Eigengewicht (Zellen), ein Otto-Motor schafft nichtmals 1 KW .
Abb. 7
Werden die Zilien der Haarzelle ausgeschert, kommt es durch die Öffnung der Tip-Links zum Kalium-Einstrom und zur Depolarisation. Dadurch rutschen die Untereinheiten des Transmembranenproteins näher aneinander und die Zelle kontrahiert.

 

Bedeutung der Kontraktion:

Die Kontraktion schafft eine nicht lineare mechanische Verstärkung, die im Hörschwellenbereich das bis zu 100-fache betragen kann, bei lauten Signalen treten nur noch geringe Verstärkungen auf.
Animiertes Modell der Zellkontraktion
Abb. 8
Die Verstärkung bewirkt, daß die BM stärker in Schwingung versetzt wird und somit die IHZ überhaupt erst gereizt werden. Am Maximum der Wanderwelle werden also die ÄHZ „dazugeschaltet" und rütteln an der BM, so daß das Maximum einen deutlichen peak erhält (Wanderwelle s.o.). Es wird also nicht nur eine Verstärkung allgemein, sondern auch eine Präzisierung der Frequenzdiskreminierung vorgenommen.

Die ÄHZ oszillieren Reizsynchron, d. h . sie müssen hohe Frequenzen und damit sehr kurze Reizperioden auflösen können. Diese schnelle Reaktionsfähigkeit ist durch die Tip-Links gegeben: die Ionenkanäle werden mechanisch, also mit sehr geringer Zeitverzögerung, geöffnet. Dadurch fehlt aber ein entscheidendes Element: Die sonst häufig vorzufindenden Enzymkaskaden fehlen, und damit auch der Prozeß der Verstärkung (im Auge werden z. B. durch ein Photon, das auf ein Rhodopsinmolekül trifft, 6 Millionen (!) Moleküle cGMP abgebaut). Es mußte also ein Erzatz geschaffen werden, den in der Kontraktionsfähigkeit der ÄHZ verwirklicht sehen kann.

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