Aktive Ortung

 

 

Grundvorlesung Tierphysiologie WS 2002/2003

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Sinne 7
Elektroortung und elektrische Tiere


Themen:

Aktive Elektroortung
 
nilhecht.jpg Viele Fische, die sich in dunklen oder trüben Gewässern orientieren müssen, verlassen sich bei der Elektroortung nicht auf das von der Umgebung oder anderen Tieren ausgehende elektrische Feld. Sie besitzen elektrische Organe, mit denen sie selbst elektrische Felder herstellen und zur Untersuchung ihrer Umgebung einsetzen können. Der Nilhecht (Gnathonemus petersii) ist ein etwa 10 cm-großer elektrischer Fisch aus Afrika, bei dem die aktive Elektroortung besonders gut untersucht worden ist.

 
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Das elektrische Organ (gelb) des Nilhechtes befindet sich im Schwanzmuskel und erzeugt elektrische Impulse, die jedesmal ein elektrisches Feld zwischen Kopf und Schwanz aufstellen. Besonders im Kopfbereich, wo die Dichte der Elektrorezeptoren hoch ist, kann das Muster der Feldlinie analysiert werden. Das Süßwasser, in dem dieser Fisch lebt, hat eine relativ geringe elektrische Leitfähigkeit. Wenn sich ein Objekt mit höherer Leitfähigkeit (ein Tier oder eine Pflanze) dem Nilhecht nähert, werden die Feldlinien gebündelt, denn sie nehmen den leichtesten Weg - den der höchsten Leitfähigkeit (linkes Bild). Dadurch ergibt sich auf der Haut des Nilhechtes ein "elektrisches Bild", ein Sinneseindruck, der sich aus dem dichteren Muster der Feldlinien ergibt.
 
Wenn der Fisch in die Nähe eines Objekts gerät, das geringerer Leitfähigkeit als Wasser hat (zB ein Stein), dann werden die Feldlinien aufgefächert, weil der direkte Weg für Stromfluß versperrt ist (rechtes Bild). Dabei ergibt sich ein entgegegesetztes elektrisches Bild - eine Wahrnehmung geringerer Feldliniendichte.
 
Der Fisch bekommt also bei der aktiven Elektroortung Information über die Lage eines Objektes (Kopfnähe oder Schwanznähe, rechts oder links), die Beschaffenheit des Objektes (elektrische Leitfähigkeit) sowie über die Entfernung.
 
Nach: von der Emde, G. (1999)
Active electrolocation of objects in weakly electric fish
The Journal of Experimental Biology 202: 1205-1215